02.05.2021 - Frankfurt
Die Leichtathletiksaison 2021 kommt trotz aller Schwierigkeiten langsam in Schwung, allerdings nach wie vor nur für Profis und Athleten, die im vergangenen Jahr den Sprung in einen der Landeskader geschafft hatten.
Dieses Privileg genießen vom TSV Wendelstein u. a. Nils Kremling und Tim Kraus, die damit beim „2. Fly - up and far Meeting“ der Eintracht Frankfurt startberechtigt waren und dort sowohl auf die deutsche Konkurrenz in ihrer Altersklasse wie auch auf die deutschen Olympiateilnehmer für Tokio im Mehrkampf trafen.
Dabei wollte es der Zufall bereits vor der Veranstaltung, dass Kraus und Kremling (Start-Nr. 53 und 54) in der alphabetischen Startliste gleich nach den beiden Olympiahoffnungen Kaul und Kazmirek gelistet waren. Eine tolle Erinnerung und eine zusätzliche Motivation, die die beiden extrem fokusierten LG-Athleten aus der Wendelsteiner Trainingsgruppe eigentlich gar nicht mehr benötigen. Trotzdem war ihr Trainer Christian Gußner nach zuletzt etwas wechselhaften Trainingsleistungen nicht sicher, ob sich die hohen Erwartungen, die beide Sportler an sich selbst stellen, erfüllen lassen. Aber nach den beiden Siegen musste Gußner erneut etwas sprachlos zur Kenntnis nehmen, dass seine beiden Wundertüten jederzeit für eine Überraschung gut sind.
Zunächst errang Nils Kremling im Vierkampf mit 3.038 Punkten und einem Vorsprung von 169 Punkten einen überlegenen Sieg in seiner AK U18. Seine persönlichen Ziele zeigte er bereits bei der ersten Disziplin, als er nach dem 2. Platz über die 110 m Hürden und einem minimalen Rückstand von 11 Hundertstel (s. Bild) selbstkritisch analysierte, der Lauf sei technisch sauber, aber zu langsam gewesen. Als ein Luxusproblem würden dies seine Konkurrenten wahrscheinlich nennen. Richtig schlecht lief es allerdings anschließend beim Diskuswurf, wo er bei einer für ihn nur durchschnittlichen Leistung von 40 m schon in Führung gegangen wäre, er sich aber mit bescheidenen 37,01 m erst mal mit Platz 3 in der Gesamtwertung begnügen musste.
Ehrlicherweise muss man aber schon feststellen, dass die seltene Vierkampf-Kombination mit anschließendem Weitsprung und 200 m-Läuf Kremling richtig gut in die Karten spielte. Deshalb war Trainer Gußner besonders gespannt, wie sich im Weitsprung die Anlaufumstellung im Wettkampf auswirken würde, nachdem er im Training schon die Sieben-Meter-Marke anvisiert hatte. Dass Nils jedoch im zweiten Versuch mit 6,98 m bei leichtem Gegenwind fast eine Punktlandung hinlegte überraschte aber doch den Trainer und schockte die Konkurrenz. Der ungefährdete Sieg beim abschließenden 200m-Lauf in 23,17 sek. war dann nur noch eine Demonstration seiner Stärke.
Unter diesen Umständen war es für Tim Kraus fast Pflicht, im Hochsprung nachzulegen. Dabei ging es für Kraus leider weniger um eine Platzierung in der für ihn neuen AK U20 (er war der einzige Starter) sondern um die Bestätigung seiner Leistungen vom vergangenen Jahr (erstmals über 2,03 m) und die Erfüllung der DM-Norm von 1,99 m. Auch bei ihm war Christian Gußner etwas skeptisch, nachdem die letzten Trainingseindrücke nicht unbedingt optimistisch stimmten und auch das kühle und windige Wetter am frühen Abend etwas hinderlich schienen. Doch wieder einmal zeigte sich die Nervenstärke von Tim Kraus, der sich in den Wettkampf reinkämpfte und mit 2,01 m eine ganz hervorragende Leistung ablieferte. Aufgrund eines knappen Versuchs über die 2,04 m war dann auch der Spruch „es ist noch Luft nach oben“ durchaus gerechtfertigt.
Bei aller Freude über die tollen persönlichen Erfolge ist aber die Tatsache, dass im Hochsprung U20 gerade mal ein Teilnehmer am Start war, leider ein erschreckendes Beispiel über die fehlende Breite im deutschen Leistungssport. Da stellt sich schon die Frage, wer in den kommenden Jahren, wenn die bisherigen Aushängeschilder abgetreten sind, bei internationalen Meisterschaften überhaupt noch für Deutschland an den Start gehen soll. Fest steht, dass in den Altersklassen U18/20 niemand irgendwelche Quereinsteiger aus dem Ärmel zaubern wird und fest steht auch, dass das seit 14 Monaten bestehende Sportverbot die Altersklassen bis U16 weiter ausdünnen wird. Somit werden in den kommenden Jahren noch weniger Jugendliche nachrücken und der Spitzensport wird sich auf ein paar Zufallsfunde beschränken. Die Weichen hierfür sind gestellt und es muss sich niemand wundern, wenn sich die Leichtathletik in Zukunft überwiegend auf Volksläufe und die Übergabe einer Ehrennadel für das Sportabzeichen reduzieren wird.